Der elektronische Widerrufsbutton kommt

Wann ist er für Versicherungsvermittler relevant bzw. Pflicht?

115

Verbraucher sollen es künftig einfacher haben, wenn sie einen im Internet geschlossenen Vertrag, z. B. einen Versicherungsvertrag, widerrufen wollen. In einem Referentenentwurf „eines Gesetzes zur Änderung des Verbrauchervertrags- und des Versicherungsvertragsrechts“ des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) ist insofern vorgesehen, dass Unternehmen bei Online-Abschlüssen verpflichtet werden sollen, den elektronischen Widerruf per Schaltfläche (Button) zu ermöglichen. Der Beitrag erläutert, unter welchen Voraussetzungen diese Pflicht nicht nur etwa für Versicherungsunternehmen, sondern auch für Versicherungsvermittler gilt.

Vertragsschluss per Online-Benutzeroberfläche

Das BMJV fasst die Thematik so zusammen (Pressemitteilung Nr. 47/2025 vom 03. September 2025): „Unternehmen, die den Vertragsschluss per Online-Benutzeroberfläche anbieten, sollen verpflichtet werden, einen elektronischen Widerrufsbutton bereitzustellen: Mit der elektronischen Schaltfläche sollen Verbraucherinnen und Verbraucher ihr 14-tägiges Widerrufsrecht ausüben können, das ihnen gesetzlich zusteht, wenn der Vertrag online geschlossen wird. Die neue Vorgabe zum Widerrufsbutton soll in Bezug auf Waren, Dienstleistungen und Finanzdienstleistungen gelten. Deutschland hat sich auf EU-Ebene erfolgreich dafür eingesetzt, dass eine solche elektronische Widerrufsfunktion verpflichtend wird.“

Allgemeine neue Regelung im BGB und Ergänzung im VVG

Festzuhalten ist, dass der elektronische Widerrufsbutton künftig für sämtliche von Verbrauchern online abgeschlossene Verträge gelten wird. Versicherungsverträge, die über das Internet (im Fernabsatz) abgeschlossen werden, betreffen also nur eines von vielen Geschäftsfeldern. Dementsprechend wird es mit § 356a BGB-E eine neue allgemeine Regelung im BGB geben, die die elektronische Widerrufsfunktion umfassend für alle Online-Abschlüsse regelt; § 8 Abs. 1 VVG wird entsprechend ergänzt.

Es gibt bereits in § 312k BGB eine ähnlich geregelte elektronische Funktion mit einem Kündigungsbutton („Kündigungsschaltfläche“). Allerdings gilt diese Norm bisher nicht in Bezug auf Webseiten, die Finanzdienstleistungen betreffen, oder für Verträge über Finanzdienstleistungen (etwa Versicherungsverträge) sowie nicht auch generell für den Widerruf von Online-Abschlüssen. Die Neuregelung schließt diese Lücke.

Was für Versicherungsvermittler beim Widerrufsbutton gilt

Versicherungsmakler und -vertreter, etwa Assekuradeure, die online Versicherungsverträge vermitteln, und zwar regelmäßig in einem im Fernabsatz organisierten Vertriebssystem (also nicht nur gelegentlich), müssen die technischen und rechtlichen Vorgaben des neuen Gesetzes beachten. Bieten sie demnach Versicherungsverträge an, z. B. über ein Online-Portal, ein Webformular oder eine digitale Plattform, zählen sie zu den Unternehmen, für die das neue Gesetz gilt.

Bedingung ist mithin, dass der Verbraucher den Vertrag online – und zwar ausschließlich online – im Wege des Fernabsatzes abschließt. Wird ein Versicherungsvermittler im Einzelfall im Rahmen des Vertragsschlusses auch offline tätig – also persönlich, wie z. B. bei (wenn auch nur kurzer) gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit innerhalb oder außerhalb eines Geschäftsraums, vgl. § 312c BGB –, greifen die Voraussetzungen des Fernabsatzes und damit die neue Buttonpflicht nicht.

Diese Anforderungen sind zu beachten

Der neue § 356a BGB-E gibt in fünf Absätzen vor, was Versicherungsvermittler in Bezug auf das Widerrufsprozedere beachten müssen, wenn sie Versicherungsverträge künftig online vermitteln:

  • Bereitstellung der Widerrufsfunktion (Abs. 1)
    Die Widerrufsfunktion (z. B. ein Button) muss auf der Online-Benutzeroberfläche gut lesbar mit z. B. „Vertrag widerrufen“ während des Laufs der Widerrufsfrist ständig verfügbar, hervorgehoben platziert und für den Verbraucher leicht zugänglich sein.
  • Erfassung der Vertragsdaten (Abs. 2)
    Will der Verbraucher seine online abgegebene Vertragserklärung widerrufen, muss die Widerrufsfunktion ermöglichen, die betreffenden Vertragsinformationen problemlos bereitzustellen oder zu bestätigen.
  • Bestätigung des Widerrufs (Abs. 3)
    Schließlich muss der Verbraucher die bereitgestellten oder bestätigten Vertragsinformationen durch eine Bestätigungsfunktion an den Vermittler übermitteln können. Diese muss gut lesbar mit z. B. „Widerruf bestätigen“ beschriftet sein.
  • Bestätigung des Widerrufseingangs (Abs. 4)
    Hat der Verbraucher die Bestätigungsfunktion aktiviert, muss ihm der Vermittler auf einem dauerhaften Datenträger (z. B. einer downloadbaren PDF-Datei) unverzüglich eine Eingangsbestätigung übermitteln, die den Inhalt der Widerrufserklärung sowie das Datum und die Uhrzeit des Eingangs enthält.
  • Widerrufsbestätigung reicht für Frist (Abs. 5)
    Die Widerrufserklärung des Verbrauchers gilt als dem Vermittler innerhalb der Widerrufsfrist zugegangen, wenn der Verbraucher die Erklärung nach Abs. 3 vor Ablauf der Frist über die Widerrufsfunktion versandt hat.
Risiken aufgrund unterlassener Gesetzesumsetzung

Erfüllen Unternehmer, insbesondere Versicherungsvermittler, nach Inkrafttreten des Gesetzes die genannten Anforderungen bei Online-Verträgen mit Verbrauchern nicht, kann dies erhebliche rechtliche Folgen haben, z. B.:

  • die Unwirksamkeit von Verträgen,
  • Schadensersatzforderungen,
  • Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht (es drohen Abmahnungen),
  • Image-/Reputationsschaden.

Das Gesetz und damit auch § 356a BGB-E wird voraussichtlich am 19. Juni 2026 in Kraft treten, wobei inhaltliche Änderungen im weiteren Gesetzgebungsverfahren noch möglich sind. Dieser Beitrag ist ebenfalls in „Versicherungsvermittlung professionell“ des „Instituts für Wissen in der Wirtschaft“ erschienen.

Autor: Dr. Peter Loibl, Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt) bei der VOLKSWOHL BUND Lebensversicherung a.G., Dortmund